Wuppertal als kulturelle Debatten-Hauptstadt

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Kultur gehört nicht der Elite, braucht aber Werte und eine angemessene Förderung – Hochklassige Runde traf sich auf Einladung von Helge Lindh im Visiodrom

Wuppertal soll die Hauptstadt der kulturellen Debatten Deutschlands werden. Das jedenfalls hat sich der Bundestagsabgeordnete Helge Lindh fest vorgenommen. Und er lieferte dafür auch gleich einen Auftakt nach Maß mit einer Begegnung zwischen Berlin und Wuppertal: Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, und Julia Grosse, Kulturmanagerin 2020, kamen aus der Hauptstadt und beleuchteten mit Uta Atzpodien und Björn Krüger vom Freien Netzwerk gemeinsam das Thema „Zwischen Lust und Pflicht – Politische Visionen für Kunst und Kultur“. Perfekter Ort dafür: Das Visiodrom, mit Bundesmitteln geförderter Kulturort mit Strahlkraft über die Stadt hinaus.

Viel Lust, wenig Pflicht versprühten die Diskutanten bei der von Lindh kundig moderierten Runde im großen Saal unter der hohen Kuppel des Gaskessels und nahmen ihr Publikum mit zu den verschiedenen Aspekten des Kunstbegriffs. Und der gehört keinesfalls einer Elite, unterstrich Zimmermann gleich zu Beginn, Kunst gehört für ihn vielmehr weit gefasst vom Karneval bis zur neuen Games-Szene. Nur eines ist für ihn elementar: „Kultur braucht Werte“. Sie müsse sich neuen Themen wie Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz öffnen und auch am Markt behaupten. Dazu brauche es Förderung. „Es ist nicht eine Frage, ob das Geld da ist, es ist eine Frage, wofür wir Geld ausgeben wollen“, skizzierte Zimmermann die Rahmenbedingungen. Sein Lob galt dem Initiator und Gastgeber der Runde: „Helge Lindh hat dafür in Berlin als kulturpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion eine sehr einflussreiche Rolle“.

Kultur für alle ist auch aus Sicht von Julia Grosse zentral. Sie weitet den Blick dabei über Deutschland hinaus nach Afrika und in die Diaspora, gibt dafür seit nun zehn Jahren das Magazin „Contemporay And“ (C&). Auch sie weiß um die Bedeutung kultureller Netzwerkarbeit, um alle künstlerisch tätigen Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen. Die Diskussionsrunde „Lust und Pflicht – Politische Visionen für die Kultur“ mit Führung durch die Monet-Ausstellung und Monet-Schau zeigt für Grosse, wie es optimal funktioniert, künstlerische Formate für alle Menschen wirklich zugänglich und anschaulich zu machen.

Das schafft auch der neue KulturPass, der jungen Menschen, die 2023 18 Jahre alt werden, mit einem virtuellen Guthaben Zugang zur Kultur ihrer Wahl verschafft: „Vom Buchkauf über das Kino bis zu Theater oder Konzerten“, lobt Zimmermann in diesem Sinne auch die aktuelle Initiative des Bundes, Schwellen für kulturelle Teilhabe gerade bei jungen Menschen zu senken.

Das ist auch Herzensanliegen und tägliche Arbeit für Björn Krüger, Mitinitiator des KulturKindergartens in Wuppertal. Dort setzt die Vermittlung bei den Kleinsten an, trägt die Idee von Kultur über die Kinder in die Erwachsenenwelt. Und das an der Nordbahntrasse und in einem ganz normalen Stadtteil, in dem Menschen oft keine privilegierten Zugänge zu Kunst und Kultur haben.

Gemeinsam mit Uta Atzpodien, hob auch Helge Lindh hervor, hat sich Björn Krüger in Wuppertal besonders in der Pandemiezeit für die Kunst- und Kulturszene und faire Bedingungen eingesetzt. Dabei ist Wuppertal für Uta Atzpodien eine Stadt, die sie nach erster Skepsis seit ihrer Ankunft im Tal einfach lieben gelernt hat. Und das liegt für die engagierte Kultur-Netzwerkerin „an den vielen unterschiedlichen Akteuren hier, die die Stadt durch ihren Einsatz zum Strahlen bringen“. Dem allen, so waren sich die Akteure einig, gebührt eine angemessene, zeitgemäße Förderung. Dafür wird sich Helge Lindh weiter stark machen, denn Kunst ist Arbeit, die ordentlich bezahlt werden muss. Und nach der ersten Erfahrung für Wuppertal als Hauptstadtder  Debatten für Kultur und Gesellschaft. Wenn es nach Helge Lindh geht, gerne immer im Visiodrom, das Kurator Christian Höher und Geschäftsführer Dirk Emde dem Publikum am Freitag als Zeichen des Strukturwandels vom Gaskessel zum Kulturort vorstellten.