Nachbericht: Diskussion mit Jürgen Dusel – Inklusion in Corona-Zeiten

Jürgen Dusel und Helge Lindh im Gespräch.

„Die Vielfalt von Menschen muss als Wert begriffen werden und Barrierefreiheit als ein  Qualitätsstandard.“, so der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung und Bundestagsabgeordneter, Jürgen Dusel im Austausch mit den Wuppertaler Institutionen für Menschen mit Behinderung. Auf meine Einladung hin entstand eine lebhafte Debatte über die Auswirkungen der Pandemie auf die Inklusionsarbeit und das Leben der Menschen mit Einschränkungen – thematisiert wurden neue Hindernisse, mögliche Lösungen, sowie Fortschritte der Inklusionspolitik. Vertreterinnen und Vertreter von Wuppertaler Einrichtungen, Verbänden und Gruppen nahmen sehr zahlreich teil.

Jürgen Dusel zeichnete ein mulitperspektivisches Bild zur Kohärenz von Barrierefreiheit, Inklusion und der Corona Krise – er unterstrich neue Chancen für Betroffene und die Bundesregierung, doch auch weiterhin bestehende Probleme verschwieg er nicht. Wir sind uns einig, dass allgemein entscheidende inklusive Fortschritte gemacht wurden, das Ziel einer möglichst barrierearmen, inklusiven Gesellschaftsstruktur aber noch nicht erreicht ist.

Erfreulicherweise konnten wir mit bundespolitischen Mitteln – auch aus Sicht der Vertreterinnen und Vertreter – einige langfristige Problematiken lösen. Ein Beispiel dafür ist die direkte Berücksichtigung der Personen mit Behinderung in der Impfpriorisierung, die damit einhergehende inklusive Herangehensweise sollte fortgeführt werden. Menschen mit Behinderung – ob ambulant, stationär oder zuhause lebend – genießen nun eine angemessene Prioritätsstufe. Herrn Dusels vorbildliche Arbeit in seiner Rolle als Bundesbeauftragter hat viel bewegt, gravierende Stillstände wurden erkannt und behoben.

Auch die Kommunikation auf öffentlichen Veranstaltungen, wie Pressekonferenzen, hinkte in Deutschland lange zurück – Menschen mit Hörbehinderung wurden und werden ausgegrenzt. Oft bleiben Gebärden oder Untertitel für Schwerhörige aus, erfreulicherweise ist zumindest die Häufigkeit der gebärdeten Veranstaltungen gestiegen. Weiterhin nicht tragbar ist die Tatsache, dass sozial geförderter Wohnraum nicht zwangsläufig barrierefrei gebaut wird. Barrierefreies Bauen ist kein Zugeständnis an Menschen mit Behinderung, sondern a) elementares Recht und b) für viele Personenkreise relevant und wichtig.

„Demokratie braucht Inklusion“, daran sollten wir uns halten um Gleichbehandlung zu  gewährleisten. Jede und Jeder lebt in seiner eigenen „Bubble“, daher ist der Austausch der Menschen untereinander, in einer Gesellschaft wichtig.  Dadurch entsteht Empathie und Gemeinschaftlichkeit. Vielfalt erfordert Rücksicht und gegenseitige Unterstützung. Es ist beschämend, dass wir noch immer überlegen, wie wir es schaffen den Menschen mit Behinderung gleiche Chancen zu ermöglichen. Das Konjunkturkrisenbewältigungspaket berücksichtigt Barrierefreiheit, ebenso werden die Bundesgelder für Inklusion verdoppelt.

Barrieren müssen schwinden – dafür stehe ich als Mitglied des Bundestags ein. Das ist ein Recht. Auch die politische Teilhabe wird noch immer durch fehlende Barrierefreiheit eingeschränkt, das schränkt unsere Demokratie ein, das müssen wir dringend ändern. Inklusion und Barrierefreiheit haben eine tiefe soziale Dimension, die eine Gesellschaft spalten, aber auch tiefgreifend verbinden kann. Wie wir dieses Blatt wenden, liegt ganz allein in unserer Hand.