Der Wuppertaler Bundestagsabgeordnete Helge Lindh (SPD) lud am Mittwoch zu einer Fraktion-vor-Ort-Veranstaltung zum Thema „Geschäft mit der Gesundheit? Krankenhäuser zwischen Patientenwohl und Gewinnmaximierung“ in den Kontakthof ein. Diskutiert wurden die zunehmende Ökonomisierung in deutschen Krankenhäusern und die Folgen für die gesundheitliche Versorgung der Bürgerinnen und Bürger. Ein Thema, das nicht zuletzt aufgrund der intensiven Debatte um die Personalwechsel im Helios-Klinikum ganz Wuppertal bewegt. Neben den Podiumsgästen Silke Iffländer (ver.di), Sonja Laag (Barmer), Lothar Leuschen (Westdeutsche Zeitung) und Heinz de Moll (Ärztekammer Nordrhein) folgten rund hundert Bürgerinnen und Bürger Lindhs Einladung in den Kontakthof. Der Helios-Konzern war eingeladen und verzichtete mit Verweis auf Terminkollisionen auf eine Teilnahme.
Silke Iffländer betonte, dass Gesundheit aus gewerkschaftlicher Sicht zur öffentlichen Daseinsvorsorge gehöre und keine Ware sein dürfe. Die Politik habe mit der Einführung der Fallpauschale im Jahr 2004 die Ökonomisierung im Gesundheitswesen stark forciert. Dies sei eine Fehlentwicklung gewesen, mittlerweile gebe es in Deutschland so viele private Krankenhäuser wie in keinem anderen Land. Aktuelle Reformpläne, wie z. B. der Gesetzentwurf von Jens Spahn, bezeichnete sie als Flickschusterei, mit denen sich die Probleme im Gesundheitswesen nicht lösen ließen.
Dieser Einschätzung schloss sich auch Sonja Laag an. Sie vermisse eine klare und langfristige Ausrichtung in der Gesundheitspolitik. Es gebe zu viele Schnellschüsse, es sei nicht deutlich, wohin die Politik steuern wolle. Vor allem seien strukturelle Änderungen dringend erforderlich. Diese erforderten aber großen politischen Mut.
Lothar Leuschen sagte, dass Krankenhäuser in rein kommunaler Trägerschaft nicht profitabel seien. Dabei verwies er auf die Geschichte des städtischen Klinikums in Wuppertal. Dieses sei in den 1990er hoch verschuldet gewesen und der Helios Konzern habe es durch die Übernahme retten können. Grundsätzlich sei die Privatisierung von Krankenhäusern daher nicht abzulehnen. Kritisch sehe er aber eine ausufernde Ökonomisierung und zu hohe Renditevorgaben in der Gesundheitsversorgung. Renditeziele von Krankenhäusern in Höhe von 15 % und mehr seien ethisch nicht mehr vertretbar. Die Politik sei daher in der Pflicht, regulierend einzugreifen.
Heinz de Moll sprach aus seiner langjährigen Erfahrung als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Mediziner seien ständig dem Zielkonflikt zwischen Patientenwohl und Gewinnmaximierung ausgesetzt. Häufig sei es unklar, ob medizinische Maßnahmen aufgrund von gesundheitlichen oder ökonomischen Erwägungen empfohlen werden. Früher sei die Ökonomie nur der Motor des Gesundheitswesens gewesen, heute habe sie auch das Steuer übernommen. Auch im ambulanten Bereich gebe es einen enormen ökonomischen Druck, der dazu führe, dass immer mehr niedergelassene Ärzte ihre Praxen an Krankenhäuser oder große Konzerne verkauften.
Das Abschlussstatement gebührte dem Gastgeber: Ein so wichtiges Gut wie Gesundheit dürfe nicht von finanziellen Möglichkeiten abhängen. Aufgabe der Politik sei es, allen Menschen den Zugang zu einer optimalen medizinischen Versorgung zu ermöglichen. „Wir brauchen eine menschliche Medizin, die Raum für Werte wie Solidarität, Respekt und Mitgefühl lässt. Deshalb muss ein Umdenken erfolgen: im Gesundheitswesen, in deutschen Krankenhäusern, aber auch in der Politik. In den Koalitionsverhandlungen hat die SPD durchgesetzt, dass die Pflegepersonalkosten künftig über ein gesondertes Pflege-Honorar und damit unabhängig von Fallpauschalen vergütet werden sollen. Damit wird das sogenannte DRG-System grundlegend neu ausgerichtet. Diese Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag ist ein erster wichtiger Schritt hin zu einer notwendigen Reform der Krankenhausfinanzierung. Aber es bleibt noch sehr viel zu tun. Die Öknomie im Krankenhaus hat den Patienten zu dienen, nicht umgekehrt“, so Lindh abschließend.
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