BRIEF AN HEIDE KOEHLER

In memoriam

Der Mensch zählt. Wenn jemand diesem Prinzip sein Leben lang tätig treu war, dann warst es Du, Heide Koehler. Menschlichkeit war für Dich kein hehres Ziel, kein beflissentlich bemühter Wert, sondern Grund und Kern Deines Daseins, für andere und mit anderen. Unsere Stadt, unsere Welt, ich selber – wir alle sind so viel ärmer ohne Dich und waren so viel reicher durch Dich.

Wie oft berufen wir uns, manchmal hoffnungsvoll, manchmal verzweifelt, auf das Gemeinwohl. Du warst mit einer atemberaubenden Selbstverständlichkeit das personifizierte Gemeinwohl, unfähig, Dir selbst zu genügen, mehr als fähig, Menschen dazu zu bringen, miteinander auszukommen und einander auszuhalten. Letztes Wochenende berichtete mir noch eine Aktive des VdK, dass Du, Heide, Dir auch nach einem langen Projekt es nicht nehmen ließest, am Abend für die Teilnehmer einen Kuchen zu backen und sie damit zu beschenken. Das größte Geschenk waren niemals die Kuchen, die kleine und großen Dinge, mit denen Du uns zu beglücken vermochtest, das größte Geschenk warst immer Du.

In der SPD hast Du uns daran erinnert, dass Programme und Papiere, Praktiken und Strategien, dass all das nichts wert ist ohne Mitgefühl und Fürsorglichkeit.

Du warst war ein Gesamtkunstwerk, und deine allergrößte Kunst war, durch und durch Mensch zu sein. So einfach, so schwer. Als Pionierin der Gesamtschule hast Du nach Deiner Aufbauarbeit an der Gesamtschule Else Lasker Schüler die Gesamtschule Barmen, eine der herausragenden Schulen Deutschlands, gegründet und mit Deinem Geist geprägt. Nein, Du hast vor allem die Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer und nachfolgende Generationen geprägt.

Als Vorsitzende der Konsumgenossenschaft warst Du persönlich diejenige, die diesen geschichtlichen Ort und Kristallisationspunkt solidarischen Lebens aus der Versenkung und Vergessenheit hat wiederauferstehen lassen und ihm weit über die Stadtgrenzen hinaus Strahlkraft und ein Gesicht verlieh.

Wo immer Du wirktest, gelang Dir etwas Magisches: Menschen mit Deiner Art und Unermüdlichkeit zwanglos und gewaltlos zu zwingen, mit anderen zu arbeiten, offen zu sein, über sich selbst und die eigene Befindlichkeit hinauszuwachsen.

In einer Welt, die ins Zerstören, ins Misstrauen, ins Jammern, ins Scheitern verliebt ist, warst Du ins Gelingen verliebt, unaufhaltsam, rastlos, liebevoll.

Ich kann nicht sagen, wie sehr ich Dich vermissen werde

Dein Helge Lindh